Staatspark Hanau-Wilhelmsbad als „Ort der Demokratiegeschichte“ ausgezeichnet – Staatssekretär Christoph Degen nimmt Plakette entgegen

Der Staatspark Hanau-Wilhelmsbad ist nun ein ausgewiesener „Ort der Demokratiegeschichte“. Christoph Degen (Staatssekretär im Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur) und die Direktorin der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen (SG), Kirsten Worms, erhielten am Mittwoch, den 12. Juni 2024, die entsprechende Auszeichnung von Dr. Kai-Michael Sprenger, dem Gründungsdirektor der Stiftung Orte der deutschen Demokratiegeschichte. Damit würdigt die Stiftung die politische Bedeutung des ehemaligen Kurbades als Schauplatz des Wilhelmsbader Festes am 22. Juli 1832. Auf diesem forderten, nur wenige Wochen nach dem Hambacher Fest, zwischen 8.000 und 10.000 Menschen Rede-, Versammlungs- und Pressefreiheit.

Wilhelmsbad - Ort der Demokratiegschichte

v.l.n.r.: Dr. Kai-Michael Sprenger (Stiftung Orte der deutschen Demokratiegeschichte), Kirsten Worms (Direktorin der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen) sowie Staatssekretär Christoph Degen (Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur)

©SG, Foto: Stefan Schmitt

Ideale des Vormärz bis heute wirksam

Staatssekretär Degen bezeichnete Wilhelmsbad als einen "Ort, der in der Geschichte Deutschlands eine ganz wichtige Rolle einnimmt". Das Wilhelmsbader Fest stehe für den unermüdlichen Kampf für demokratische Rechte und Freiheiten. Die Ideale des Vormärz prägten die Werte und Normen in Deutschland bis heute.

„Der Weg zur Demokratie in Deutschland war lang und steinig. Gerade in der aktuellen Zeit ist es von großer Bedeutung, sich zu vergegenwärtigen, dass Grundrechte nicht selbstverständlich sind, sondern immer wieder aufs Neue verteidigt werden müssen, genauso wie die Demokratie insgesamt. Umso wichtiger ist es, die Orte zu würdigen, an denen die Entwicklung unserer Demokratiegeschichte entscheidende Meilensteine erreicht hat. Hanau-Wilhelmsbad und das Wilhelmsbader Fest stehen für eines der bedeutendsten politischen Volksfeste, bei dem die Menschen den Freiheitsrechten Ausdruck verliehen. Ich freue mich sehr über die Würdigung durch die Stiftung Orte der deutschen Demokratiegeschichte.“

Staatssektetär Christoph Degen (HMWK)

Wilhemsbad gehört nun zur Landkarte der Demokratiegeschichte

Dr. Kai-Michael Sprenger von der Stiftung Orte der deutschen Demokratiegeschichte überreichte die Plakette, die künftig Besucherinnen und Besuchern auf diese besondere Bedeutung des ehemaligen Kurbads aufmerksam macht. Über einen QR-Code kommt man mit dem Smartphone auf die Website der Stiftung, auf der zahlreiche bekannte und weniger bekannte Orte der demokratischen Entwicklung Deutschlands entdeckt werden können. Die Bestrebungen der 1830er Jahre mit ihren lauten Forderungen nach bürgerlicher Selbstbestimmung und staatlicher Einheit seien nicht gescheitert, sondern wichtige Mosaiksteine auf dem Weg zu unserer heutigen Verfassung, die wesentliche Forderungen von damals nahezu wortgleich enthalte, sagte Sprenger und verwies etwa auf den Artikel 13 des GG "Die Wohnung ist unverletzlich".

"Das Wilhelmsbader Fest steht in einem größeren einem größeren demokratiegeschichtlichen Kontext beziehungsweise Netzwerk und unterstreicht, dass die Forderungen, die auf dem ungleich bekannteren Hambacher Fest 1832 gestellt wurden, auch an anderen Orten im Deutschen Bund und in Europa mutig und öffentlich vorgetragen wurden. Damit ist der Staatspark Hanau-Wilhelmsbad ein wichtiger Ort der deutschen und zugleich der europäischen Demokratiegeschichte, der auch mit Blick auf das zweihundertjährige Jubiläum des Hambacher Festes in 2032 noch stärker in die demokratiegeschichtliche Erinnerungskultur integriert werden sollte."

Dr. Kai-Michael Sprenger, Stiftung Orte der deutschen Demokratiegeschichte.
Plakette Ort der Demokratiegeschichte

Diese Plakette weist Hanau-Wilhelmsbad als Ort deutscher Demokratiegeschichte aus.

©SG, Foto: Stefan Schmitt

SG-Direktorin Kirsten Worms hob in ihrem Grußwort hervor, dass die 1832 beim Wilhelmsbader Fest geforderten Rechte, Redefreiheit, Versammlungsfreiheit und Pressefreiheit, heute zu den fundamentalen Säulen des Grundgesetzes gehörten. "Wie hart diese Freiheiten einst, und bis 1949 bzw. 1989 immer wieder neu erkämpft werden mussten, sehen wir im Rückblick auf unsere Geschichte sehr deutlich und schmerzhaft", so Worms.

"Ich bedanke mich bei der Stiftung Orte der deutschen Demokratiegeschichte sehr für die Würdigung. Es ist uns stets ein Anliegen, unsere authentischen Orte in ihren unterschiedlichen Facetten zu vermitteln. Und dazu gehört in Wilhelmsbad neben der herrschaftlichen Geschichte des Kurbades auch diese wichtige Episode des Wilhelmsbader Festes mit den frühen Bestrebungen nach demokratischen Freiheitsrechten.“

Kirsten Worms, Direktorin der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen

Harte Reaktionen nach dem Wilhelmsbader Fest

Dr. Markus Häfner, Leiter der Museen Hanau, sprach unter dem Titel „Ein zweites Hambach? Das Wilhelmsbader Fest 1832 und seine Auswirkungen“ über Vorbereitung und Ablauf des Festes, die liberalen Redner und ihre Forderungen sowie die Folgen des Zusammentreffens.

In Wilhelmsbad seien zum einen die revolutionären Stimmen zurückhaltender gewesen, zum anderen sei das Fest mit etwa einem Fünftel der Teilnehmerzahl von Hambach deutlich kleiner ausgefallen. So könne man Wilhelmsbad nicht als ein zweites Hambach bezeichnen. Beide Feste hätten aber bei den deutschen Fürsten und in der Bundesversammlung so große Befürchtungen ausgelöst, dass mit freiheitseinschränkenden Gesetzespaketen reagiert worden sei. Pressefreiheit, Versammlungen und Volksfeste wurden stark begrenzt, das Zeigen von schwarz-rot-goldnen Kokarden und Fahnen, Symbole für das Streben nach der staatlichen Einheit Deutschlands, verboten.

"Neben Hambach ist das Wilhelmsbader Fest das wichtigste politische Zusammentreffen im Vormärz gewesen. Trotz drohender Strafen, insbesondere für Redner, setzten sich an beiden Schauplätzen Zehntausende für einen deutschen Nationalstaat, ein friedliches Zusammenleben mit den  europäischen Nachbarn, bessere Arbeitsbedingungen und Grundrechte ein –  also die Grundsäulen unserer heutigen Demokratie, die im 19. Jahrhundert erst auf Veranstaltungen wie dem Wilhelmsbader Fest erstritten und erkämpft werden mussten.“

Dr. Markus Häfner, Leiter der städtischen Museen Hanau
Vortrag in Hanau-Wilhelmsbad

Der Vortrag in Hanau-Wilhelmsbad ist Teil des Veranstaltngsprogramms "Vision Demokratie" zum 75. Jubiläum des Grundgesetzes.

©SG, Foto: Stefan Schmitt

Vortragsprogramm „Vision Demokratie“

Im 75. Jubiläumsjahr des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland nehmen die Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen mit der Veranstaltungsreihe „Vision Demokratie“ Aspekte deutscher Demokratie- und Verfassungsgeschichte in den Blick.

Bereits im Fokus stand dabei das Jagdschloss Niederwald im Osteinschen Park bei Rüdesheim. Dieses trägt seit Sommer 2023 ebenfalls die Auszeichnung „Ort der Demokratiegeschichte“. Im vergangenen Jahr jährte sich die Niederwaldkonferenz von 1948. Nach intensiven Beratungen gaben damals die elf westdeutschen Ministerpräsidenten, der West-Berliner Oberbürgermeister, Ernst Reuter, und weitere Politiker ihre Zustimmung zur Gründung eines Weststaates unter der Voraussetzung, dass dieser den Charakter eines Provisoriums zeige.

Die nächste Veranstaltung der Reihe eröffnet eine globale Perspektive auf Demokratie: Am Dienstag, den 9. Juli 2024, um 19 Uhr findet der Vortrag „Demokratie global? Das UNESCO Programm Global Citizenship Education“ von Prof. Dr. Torsten Riotte (Goethe-Universität Frankfurt) im Schloss Bad Homburg statt.